Stille Nacht, einsame Nacht – Einsamkeitssensible Familienarbeit


Mit der Definition „Einsamkeit ist die wahrgenommene Diskrepanz zwischen gewünschten und tatsächlichen sozialen Beziehungen“ eröffnete Prof. Dr. Susanne Bücker ihren Vortrag als Hauptreferentin im Rahmen des Onlinefachtags am 3. November 2023. Einsamkeit ist ein individuelles, subjektives Gefühl, das von außen nur schwer wahrnehmbar ist – zudem sind verschiedene Facetten von Einsamkeit zu unterscheiden.

Beim Thema Einsamkeit stand jahrelang eine Altersgruppe besonders im Fokus. Nämlich ältere Menschen, deren Partnerin vielleicht verstorben ist, deren Kinder aus beruflichen Gründen weggezogen sind oder die selbst nicht mehr so mobil sind wie sie es einmal waren. Das Thema Einsamkeit immer wieder mit dem oben genannten Beispiel zu erklären, ermöglicht es vielen auch, das Thema weit weg zu schieben… nämlich in die Jahre, die in ferner Zukunft liegen.

Einsamkeit ist ein Tabu. Oder war es. Denn seit der Coronapandemie und den kollektiven Lockdown-Erfahrungen sind auch andere Zielgruppen in den Fokus der Medienberichterstattung und der Einsamkeitsforschung gerückt. Nicht, dass diese Gruppen nicht auch schon vor der Pandemie von Einsamkeitsgefühlen betroffen gewesen wären, aber nun ist das Thema allgemein sprachfähiger geworden. Weltweit wird nach Interventionsstrategien gesucht, seit Juni 2022 erarbeitet auch das Bundessozialministerium federführend eine Strategie der Bundesregierung gegen Einsamkeit. Sie enthält Maßnahmen, die sich an alle Altersgruppen und Menschen richten, die von Einsamkeit betroffen sein können.

Kritische Punkte sind vor allem Übergangssituationen im Leben. Dies konnte während der Pandemie am Beispiel von Studierenden beobachtet werden, die Schwierigkeiten hatten, sich im studentischen Leben zurechtzufinden. Aber auch der Eintritt in den Ruhestand, ein Wohnortwechsel oder eine Trennung sind hier zu nennen. Und auch das Elternwerden ist eine Erfahrung, die den Alltag stark verändert. Da diese gesellschaftlich mit Glück und Freude konnotiert ist, fällt es doppelt schwer, Einsamkeitsgefühle zu erkennen und zu benennen.

„Die Tatsache, dass der eigene Freundeskreis jetzt auch alle Eltern sind und es keine anderen Themen mehr gibt als die Kinder. Meine Freundinnen versuchen wie ich einen Vollzeit Job neben Kleinkind auf die Reihe zu kriegen, da gibt es keine Zeit mehr für ein „Selbst“,“ so zitiert Bücker eine befragte Mutter.

Susanne Bücker hat die Professur für Entwicklungs- und Pädagogische Psychologie an der Universität Witten/Herdecke inne und ist eine der führenden Einsamkeitsforscherinnen in Deutschland. In ihrem Vortrag ging sie ausführlich auf die Ursachen und psychologischen Prozesse bei der Entstehung von Einsamkeit ein. Jeder zehnte Mensch sei von Einsamkeit, also dem Fehlen oder dem Mangel an sozialen Beziehungen, stark betroffen.

Ziel des Online-Fachtages war es, die Multiplikator*innen aus der Familienarbeit zu sensibilisieren, Einsamkeit besser identifizieren zu können und das Thema in ihrer Arbeit vor Ort mitzudenken

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