Datenschutz, Digitale Selbstverteidigung und ein klarer Bildungsauftrag

Früher oder später kommt für jedes aktive Mitglied einer digitalen Gesellschaft die Konfrontation mit dem Datenschutz. Leider hat dieses wichtige Thema durch die mediale Begleitung der DSGVO-Einführung im Mai 2018 und die mangelhafte Vorbereitung der Bürger durch die Bundesregierung ein sehr schlechtes Image. Datenschutz wird von vielen Menschen als lästig empfunden, als Hindernis, als organisatorisches Monstrum, das mehr Arbeit verursacht als es Nutzen bringt.

Ich unterhalte mich mit sehr vielen Menschen über das Thema Datenschutz – mit Jugendlichen, Erwachsenen und auch Senioren und merke, dass sich das Verhältnis dazu in den letzten Jahren immens verändert hat. Gingen 1987 hunderttausende Menschen demonstrierend auf die Straße, weil bei der Volkszählung 18 Fragen zur Person gestellt wurden, ist es heute eher normal, die Nutzung digitaler Dienste durch die Preisgabe personenbezogener Daten zu refinanzieren.

Sobald wir im Internet surfen, erfassen beispielsweise Trackingprogramm auf den Internetseiten wesentliche Informationen unseres Surfverhaltens: Welche Seiten wir besuchen, mit welchem Gerät wir online sind, wie lange wir uns welches Angebot ansehen, welche Produkte wir online kaufen, nachdem wir uns bestimmte Produkte angesehen haben, etc. Anhand dieser Informationen können Werbeanbieter sehr treffende Rückschlüsse auf unser Geschlecht, unsere Hautfarbe, sexuelle Neigung, Einkommen, Zahlungsmodalitäten und auch politische Neigungen ziehen.

Nutzen wir nun zusätzlich ein Smartphone, geben wir hier weitere personenbezogene Daten preis. Messengerdienste wie zum Beispiel WhatsApp übertragen regelmäßig das komplette Adressbuch an seinen Besitzer Facebook, der zum größten Datensammler der Welt gehört. Durch die Analyse der Kontakte und Metadaten weiß der Betreiber also, wen wir alles kennen und mit wem wir wie lange kommunizieren, in welchen Gruppen wir uns befinden und wo wir uns aufhalten, wenn wir Nachrichten schreiben.  Verbindet man nun die auf dem PC gesammelten Information mit denen aus der Smartphonenutzung, ergibt sich ein umfassendes Profil einer Person.

Es sind aber nicht nur die Facebook-gehörigen Dienste, die Daten sammeln, sondern auch die mobilen Betriebssysteme und viele anderen Apps. Man muss sich hier nur vor Augen führen, dass Android zum Beispiel auf 80% der mobilen Geräte installiert ist und das Geschäftsmodell des Herstellers Google in der Verwertung personenbezogener Daten besteht.

Wie ich bereits geschrieben habe, unterhalte ich mich viel mit unterschiedlichen Menschen über das Thema Datenschutz und überwiegend höre ich drei Dinge: 1) Hilflosigkeit, 2) Machtlosigkeit und 3) das beliebte Argument: „Sollen DIE das doch ruhig wissen, ich habe ja nichts zu verbergen!“

Der bekannte Datenschutzaktivist und Whistleblower Edward Snowden liefert hier die Antwort: „Zu argumentieren, man muss sich nicht um Datenschutz kümmern, weil man nichts zu verbergen hat, ist das Gleiche, wie auf das Recht der freien Meinungsäußerung zu verzichten, weil man nichts zu sagen hat.“

Datenschutz und Privatsphäre sind grundlegende Rechte und ich denke, wir können sehr froh sein, dass wir sie haben. Es ist aber auch völlig klar, dass wir im Rahmen der digitalen Transformation Kompromisse machen- und eine Veränderung des Begriffs Privatsphäre hinnehmen müssen, dennoch haben wir einige Möglichkeiten, der Entstehung des gläsernen Bürgers und der Massensammlung von Daten entgegen zu wirken.

Eine wichtige Unterstützung hier wären zum Beispiel der Leitfaden zur digitalen Selbstverteidigung der digitalen Gesellschaft, das kleine Einmaleins der digitalen Selbstverteidigung von netzpolitik.org  oder auch der Artikel: Tschüss Datenkrake: Ein Leben ohne Google von Mike Kuketz.

Ich denke, es ist zu einer wesentlichen fachübergreifenden Bildungsaufgabe geworden, Menschen auf die digitale Gesellschaft und die damit verbundenen Fragestellungen und Probleme vorzubereiten. Wir sollten in der  Bildungsarbeit anfangen, uns kritisch aber offen mit der Entwicklung auseinander zu setzen, anstatt uns ihr zu verweigern oder kritiklos hinterher zu laufen. Vor allem müssen wir uns immer ins Gedächtnis rufen, dass wir nicht nur die Hoheit über unsere Daten haben, sondern auch über die unserer Kontakte. Daran sollten wir denken, wenn wir das nächste Mal einer App oder einem Dienst Zugriff auf unser Adressbuch gewähren wollen…

4 Kommentare

  1. Hallo, vielen Dank für die Gedanken, ich finde es enorm wichtig, dass sich die Gesellschaft nicht vor der Entwicklung verschliesst, dennoch muss ein bestimmtes Grundrecht auf Privatsphäre erhalten bleiben!

  2. Danke für diesen Beitrag – volle Unterstützung und, nun ja, auch das Bedauern, wie wenige Menschen eine klare Vorstellung von Privatshäre haben. In Workshops dazu ernte ich meist Zustimmung, wenn ich beschreibe, dass die allermeisten Menschen die Tür zur Toilette schließen, wenn sie diese benutzen – obwohl des nichts Verdächtiges oder Unerlaubtes ist 😉
    Ansonsten: Interessant dazu ein SZ-Artikel, den wir im Online-Tagungs-und Beratungshaus kokom.net -aus gutem Grund- vorrätig halten: „Google gewährt Entwicklern Zugriff auf persönliche E-Mails…“
    https://www.kokom.net/p2632889198_1.html

  3. Wäre es dann nicht wichtig, dass eeb-virtuell Konsequent auch auf Datenschutzfreundlichere Alternativen setzt?
    z.B. Mastodon zusätzlich zu Twitter/Facebook, keine Verwendung von Recatchpa (=Google)?

    • Hallo Herr Beck und vielen Dank für Ihren Hinweis. Allerdings bin ich der Meinung, dass Mastodon keinen Ersatz für Facebook und Twitter darstellt und dass nicht weniger Daten anfallen, wenn ein Dienst zusätzlich genutzt wird.
      Was den Hinweis bezüglich recapcha angeht: hier bin ich in der Tat schon länger auf der Suche nach einer wirklichen Alternative und nehme konstruktive Hinweise sehr gerne entgegen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert