Hessen-Nassaus größtes Bauprojekt fertiggestellt / Gemeindegebäude und zwei überregionale Zentren werden in Darmstadt zusammengeführt
Nach rund zweieinhalb Jahren ist das größte Bauprojekt der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) abgeschlossen. Eine Gemeinde und zwei überregionale kirchliche Zentren sind in Darmstadt in eine Wohngemeinschaft gezogen. Das Konzept gilt als zukunftsweisend. Unter einem Dach haben die Evangelische Christophorus-Gemeinde (vormals Südostgemeinde), das „Zentrum Bildung“ sowie das „Zentrum Seelsorge und Beratung“ ein neues Zuhause gefunden. Das Bauwerk im Darmstädter Woogsviertel ersetzt die alten Räume der Kirchengemeinde. Zugleich werden dort zwei gesamtkirchliche Einrichtungen aus Darmstadt und Friedberg zusammengeführt.
Moderner evangelischer Campus
Rund 90 Mitarbeitende nutzen jetzt in Darmstadt auf einem evangelischen Campus gemeinsam Freiflächen und teilen sich Sitzungsräume. Auch eine kleine Kirche gehört zu dem Ensemble in hellen Pastelltönen. Blickfang des neu entstandenen rund 4000 Quadratmeter großen Komplexes ist ein 18 Meter hoher Glockenturm direkt an der viel befahrenen Heinrichstraße. Das neue evangelische Zentrum in Darmstadt bleibt trotz Coronakrise und Engpässen im Baugewerbe bei Budget und Fertigstellungstermin im Plan. Der Bezug war für Sommer 2022 geplant. Die Gesamtkosten aller Bauteile waren auf 11,9 Millionen Euro festgelegt.
Etappenweise Eröffnung
Die Eröffnung soll nun Etappenweise geschehen. Nach und nach kommt bei vier anstehenden Gottesdiensten ab 18. September jeweils eine der neuen Glocken im markanten Turm zum Einsatz. Höhepunkt ist dann die offizielle Einweihung des Gesamtkomplexes am 9. Oktober. Dazu wird unter anderem der hessen-nassauische Kirchenpräsident Volker Jung erwartet. Erstmals sollen dann alle vier Glocken der neuen Kirche zu hören sein.
Kraftvoll in den Stadtteil wirken
Für Renate Kluck, Pfarrerin der Christophorus-Gemeinde, „war das Projekt nur durch einen gemeinsamen Kraftakt möglich“. Mit den neuen Gebäuden könne die Gemeinde nun auch „kraftvoll in den Stadtteil hineinwirken“. So habe sich die frühere Südostgemeinde in Darmstadt nun auch bewusst in Christophorus-Gemeinde umbenannt. Die alte Bezeichnung sei seit der Gründung der Gemeinde in den 1960er Jahren in einem Neubauviertel eher ein provisorischer Projektname gewesen. Jetzt ist der neue Name auch Programm: „Unsere Gemeinde möchte Christophorus‘ biblischem Vorbild folgen und Menschen darin unterstützen, herauszufinden, was ihre Stärken sind und sie ermutigen, diese für sich selbst und für andere einzubringen“, so Kluck.
Glauben offen Leben
Melanie Beiner, Dezernentin für Kirchliche Dienste in der EKHN, sieht in dem Bau ein „wegweisendes Projekt“. Er verbinde „finanzielle Herausforderungen, ökologische Belange und ein variables Gebäudekonzept“. Zudem habe sich die „seltene Möglichkeit ergeben, einen Sakralraum für das 21. Jahrhundert völlig neu zu konzipieren“. Das Gebäude ließe sich „im Inneren variabel gestalten und hat gleichzeitig eine Klarheit in der Struktur“. Beiner: „Es ist ein Raum entstanden, in dem Menschen Glauben in seinen vielfältigen geistlichen Formen lebendig und offen leben können.“
Viele synergetische Optionen
Die Sprecherin des Zentrums Bildung, Sabine Herrenbrück, freut sich auf die „Hausgemeinschaft voller synergetischer Optionen“. Mit der Errichtung sei ein „ein innovatives Konzept verwirklicht, das gesamtkirchliche und gemeindliche Interessen eng miteinander verknüpft“. So könnten sich Gemeinde und Zentren „gegenseitig mit Räumen aushelfen“. Die Mitarbeitenden fühlten sich nach dem Bezug bereits „sehr wohl und kommen gerne in die Heinrichstraße“.
Neues Zuhause für die Seelsorge
Nach Worten des Leiters des Zentrums Seelsorge und Beratung, Christof Schuster, findet seine vormals in Friedberg beheimatete Einrichtung „ihren neuen Platz in einem maßgeschneiderten Neubau“. Auch durch die räumliche Nähe zur Gesamt-Kirchenverwaltung am Darmstädter Paulusplatz würden „Wege verkürzt und Synergien erzeugt“. Eines der Highlights seien die neuen Seminar- und Konferenzräume. So könne etwa die aufwändige Suche nach geeigneten Orten für Arbeitstreffen und Fortbildungen entfallen. Die Seelsorge habe „ein sehr schönes, neues Zuhause“ bekommen.
Kirchturm wird zum Blickfang
Helle Farbtöne, viel Glas und Raum unter freiem Himmel prägen den neuen Komplex. Damit der besondere Charakter des Ortes deutlich wird, entstand bewusst deutlich sichtbar ein markanter Sakralraum mit bis zu 100 Plätzen samt 18 Meter hohem Kirchturm mit vier Glocken. Von der viel befahrenen Heinrichstraße ist der Turm mit Holzverkleidung schon jetzt ein Blickfang. Ein architektonisch markanter „Kirchvorplatz“ markiert außerdem ein attraktives Entree und einen Übergang von der hektischen Durchgangsstraße in eine auf Begegnung und Besinnung gerichtete Umgebung. Wer den Eingang in die Kirche dennoch nicht finden sollte, dem hilft eine in leuchtendem Violett gestrichene Kirchentür. Im Inneren des Sakralbaus dominiert blanker Sichtbeton und als Kontrapunkt eine organisch geformte Lammellenfront aus Holz, die die Blicke konzentrieren soll.
Ökologie und moderne Architektur verbunden
Der Niedrigenergiebau des gesamten Gebäudekomplexes verbindet insgesamt ökologische Belange, variables Nutzungskonzept und zeitgemäße Architektur. Das Dach ist extensiv begrünt. Dort sind auch Photovoltaikmodule mit einer Gesamtleistung von 30 Kilowatt installiert. Geheizt wird der Verwaltungsbau überwiegend durch Luftwärmepumpen. Das neue Gebäude wird damit am Ende mit 84,7 Kilowattstunden pro Quadratmeter die Hälfte der Energie verbrauchen, die bei einem vergleichbaren energetisch sanierten Altbau anfällt.
Finanz- und Zeitplan trotz Coronakrise eingehalten
Die Entscheidung zum Bau viel nach einer intensivem Wirtschaftlichkeitsprüfung 2019. Trotz Coronakrise und Engpässen im Baugewerbe hielten alle Beteiligten am Einzugstermin im Sommer 2022 fest. Der Generalunternehmer hatte frühzeitig für entsprechende Reserven beim Baumaterial gesorgt. Das Gesamtbudget für den Komplex von insgesamt 11,9 Millionen Euro bleibt auch genau im vorgesehenen Rahmen. Dabei betragen die Kosten für die Arbeitszentren 8,3 Millionen Euro und für die Gebäude der Kirchengemeinde 3,6 Millionen Euro. Für die Gesamtkirche, das Dekanat Darmstadt und die Kirchengemeinde vor Ort bedeutet das zwar einen gemeinsamen finanziellen Kraftakt, aber zugleich auch eine nachhaltige Investition in die Zukunft.
Viele Beteiligte arbeiten Hand in Hand
Der gesamte Planungsprozess wurde von den Ämtern der Stadt Darmstadt konstruktiv begleitet, die Baugenehmigung wurde im August 2019 erteilt. Für die Entwurfsplanung zeichnet das Büro soan-Architekten aus Bochum mit Niederlassung in Darmstadt verantwortlich. Mit der baulichen Umsetzung wurde als Generalunternehmer nach einem entsprechenden Ausschreibungsverfahren das Unternehmen C+P aus Angelburg beauftragt. Die Organisation des gesamten Vorhabens erfolgte durch das Referat Gesamtkirchliches Bauen innerhalb der EKHN, Referatsleiter Wolfgang Steinborn und Projektkoordinatorin Stefanie Wilsch. Für die Kirchengemeinde wird die Maßnahme baulich durch den Darmstädter Dekanatsarchitekten Daniel Jünger betreut.
Bild und Text: EKHN
Guten Morgen, wirklich sehr spannend zu lesen;)
Robert